Fragen und Antworten zur geänderten Arbeitszeitverordnung und zu Vorgriffstunden (2)

Im zweiten Teil gehe ich auf gestellte Fragen ein und versuche, den aktuellen Stand darzustellen.

Kann die Vorgriffstunde eine bisher bereits erteilte Stunde im Stundenplan sein, so dass die Summe der Unterrichtstunden sich nicht ändert?

Nein. Es ist klar geregelt, dass die Vorgriffstunde über die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung hinaus als eine weitere Unterrichtsstunde zu erteilen ist, wenn man betroffene Lehrkraft ist. Welche Lehrkräfte es nicht betrifft, ist im Teil 1 (EuW 5/23) erläutert. Beschäftigte, bei denen so verfahren wird, dass sie keine Stunde zusätzlich erteilen, geraten in den Verdacht des Betrugs, weil die Stunde zusätzlich vergütet wird (Geld oder Arbeitszeit), ohne dass sie eine zusätzliche Arbeitsleistung erbracht haben.

Kann es aufgrund der Vorgriffstunde zu Abordnungen kommen, weil die eigene Schule nun überversorgt oder erheblich besser versorgt ist?

Die Erhöhung der Unterrichtsversorgung ist ja Sinn und Zweck der Vorgriffstunde. Abordnungen sind dabei von vornherein vorgesehen. Dabei ist nicht entscheidend, wer jetzt „zu viele Stunden“ hat, sondern es läuft auf die bekannte Personalauswahl bei Abordnungen hinaus. Für das laufende Schuljahr ist mit solchen Maßnahmen nicht zu rechnen.

Vorhandene Mehrzeiten werden als Vorgriffstunden verrechnet. Ist das korrekt?

Diese Lösung wäre für dieses Schuljahr sinnvoll gewesen, ist allerdings ausdrücklich nicht so vorgesehen. Mehr- und Minderzeiten haben rechnerisch mit der Vorgriffstunde nichts zu tun. Allerdings können auch Mehrzeiten auf das Ausgleichskonto gebucht werden.

Ist es rechtlich zulässig, bei angestellten Lehrkräften die Vorgriffstunde im Krankheitsfall als erteilt zu zählen, bei beamteten Lehrkräften aber nicht?

Aufgrund der verschiedenen anzuwendenden Rechtsgrundlagen ist das zulässig. Angestellte Lehrkräfte sollen in den ersten sechs Wochen der Krankheit finanziell so gestellt werden, als ob sie gearbeitet hätten. Das regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz und der Tarifvertag der Länder. Hierzu gehört dann auch die Vorgriffstunde, die sie im Gesundheitsfall vergütet bekommen hätten. Beamtete Lehrkräfte werden alimentiert, hierbei ist es egal, ob sie im Dienst oder unverschuldet krank sind. Aufgrund der Verschiedenheit von Arbeits- und Dienstverhältnis lässt sich in diesem Fall eine Gleichbehandlung bei der Vorgriffstunde nur schwer herleiten. 

Wie werden die Vorgriffstunden im laufenden Schuljahr verrechnet?

Hierzu gibt es keine verbindliche Aussage. Für die Zusatzstunden sollen noch die alten Regelungen greifen, obwohl sie nicht mehr gelten, also Auszahlung zum Schuljahresende. Keinesfalls muss man befürchten, dass sie „unter den Tisch“ fallen, sie werden bezahlt. Aber wie und wann bleibt abzuwarten. Wer möchte, kann formlos beantragen, dass sie auf das Ausgleichskonto gebucht werden. Ansonsten werden die Zusatzstunden ausgezahlt, nach neuer Regelung „monatlich“.

Wie berechnet sich der finanzielle Wert einer Zusatzstunde oder einer Vorgriffstunde?

Für die Berechnung ist der auf eine Unterrichtsstunde entfallende Anteil der Besoldung (des Gehalts) zum Zeitpunkt der Ableistung der Stunde maßgebend. Hierzu ist die Monatsvergütung durch das 4,348-fache der zutreffenden Regelstundenzahl zu teilen. Fiktives Beispiel Grundschule: monatlicher Verdienst 3.570 Euro : (4,348 * 27) sind  30,41 Euro brutto pro Unterrichtsstunde.

Wird allerdings die Ausgleichszahlung im Fall des Ausscheidens aus dem Berufsleben fällig, ist der Wert einer Unterrichtsstunde zum Zeitpunkt des Ausscheidens maßgebend.

Darf ich die Stunden nach meinem 63. Geburtstag im Block abbummeln? 

Die Stunden können als Freizeitausgleich linear (bis zu vier Stunden pro Unterrichtswoche) oder im Block (Freistellung über mehrere Unterrichtswochen) oder in Kombination beider im Rahmen eines individuellen Abbauplanes ausgeglichen werden.  Ob sich das lohnt, muss jeder individuell für sich entscheiden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in einem Schuljahr kaum mehr als 35 Vorgriffstunden anfallen, kommt es insbesondere auf eine hohe Anzahl von Mehr- und Zusatzstunden an.

Das Schulamt hat jetzt eine elektronische Meldung festgelegt, die vor dem Absenden auszudrucken und unterschieben der Schulleitung zu übergeben ist. Wie sinnvoll ist das?

Diese Verfahrensweise ist nun schon die dritte Variante innerhalb eines Monats. Die ersten Formulare sind zurückgezogen. Nun nutzt das Land Sachsen-Anhalt zur Erfassung ein Umfrage-Tool. Im Schulleiterbrief vom 12. Mai 2023 wird behauptet, dass formlos eingereichte Anträge keine Berücksichtigung mehr finden können. Das ist sachlich falsch. Die Arbeitszeitverordnung gibt nur Termine vor, die zur Erklärung einzuhalten sind. Auch die Ausgleichszahlungsverordnung sieht nur eine Beantragung vor. Es besteht also kein Formularzwang.

Dieses Umfrage-Tool ist mehr als verwirrend. Hier taucht der Begriff „Langzeitarbeitszeitkonto“ auf, der eine reine Erfindung der Verwaltung ist und in keiner rechtlichen Grundlage auftaucht. Richtig wäre der Begriff Ausgleichskonto. Auch die erzwungene Erklärung, der Antrag würde für die kommenden Jahre gelten, ist so nicht zutreffend. Man muss keine Erklärung für die kommenden Jahre abgeben, sondern nur für das jeweils kommende Schuljahr.

Sollte sich jemand aufgrund der verwirrenden Inhalte des Umfrage-Tools geirrt haben, sollte man die schriftlich die Angaben widerrufen und eine endgültige Erklärung abgeben. Die Nichteinhaltung der Frist wurde durch das vom Landesschulamt initiierte Umfrage-Tool verursacht und dürfte damit unerheblich sein.

Wieso stimmen die Personalräte einem solchen Verfahren des Landesschulamtes zu?

Die Lehrerbezirkspersonalräte sind zwar ständig mit der Dienststelle zum Thema Arbeitszeit im Gespräch, haben aber diesem Verfahren nicht zugestimmt.   

Ab wann kann man mit „Abbummeln“ beginnen, wenn man Stunden auf dem Ausgleichskonto angesammelt hat?

Der Abbauzeitraum beginnt für alle Lehrkräfte, die nach dem 31. Juli 2033 das 62. Lebensjahr vollenden, am 1. August 2033. Für Lehrkräfte, die vor dem 1. August 2033 das 62. Lebensjahr vollenden, soll das Abbummeln so gestaltet werden, dass das vorhandene Zeitguthaben bis zur Vollendendung des 63. Lebensjahres abgebummelt werden kann oder bis zum geplanten Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Schuldienst ausgeglichen ist. Nach Vollendung des 63. Lebensjahres soll das noch vorhandene Zeitguthaben maximal 350 Stunden betragen.

Auch diesmal ist zu betonen, dass die Antworten den derzeit bekannten Sachstand wiedergeben. Weitere Änderungen, neue Interpretationen und noch neuere Formulare können nicht ausgeschlossen werden.

In einem dritten Teil wird auf diese weiteren Änderungen eingegangen und vor allem die Frage des „Abbummelns“ direkt vor dem Berufsende beleuchtet. Fragen nehme ich gerne wieder unter torsten.richter@gew-lsa.de entgegen.

Torsten Richter

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