Fragen und Antworten zur geänderten Arbeitszeitverordnung und zu Vorgriffstunden Teil 3

In den Ausgaben 5/2023 und 6/2023 der EuW gab Lehrerbezirkspersonalrat Torsten Richter bereits Antworten auf häufig gestellte Fragen zu den Regelungen der Mehr- und Minderzeiten zur Vorgriffstunde. In diesem dritten Teil beantwortet er hier nun weitere Fragen zur geänderten Arbeitszeitverordnung und zur Entstehung, Bezahlung und Fälligkeit der Vorgriffstunde und gibt einen Überblick über den aktuellen Stand.

In einer Schulleiterdienstberatung wurde erklärt, dass Mitglieder von Schulleitungen keine Vorgriffstunde auf dem Arbeitszeitkonto sammeln brauchen, weil sie diese sowie nicht „abbummeln“ können. Ist das so?

Diese Aussage entspricht nicht den geltenden Normen. Es gibt keine Aussagen, dass für Funktionsstelleninhaber andere Regeln gelten würden.  Wer als Schulleitungsmitglied sein Arbeitszeitkonto mit Stunden füllt, kann gesichert davon ausgehen, diese im Regelfall durch „Abbummeln“ zurück zu bekommen.

Warum wird die Vorgriffstunde bei angestellten Lehrkräften im Krankheitsfall, nicht aber im Urlaub ausgezahlt?

Die Vorgriffstunde gilt im Krankheitsfall in der Phase der Entgeltfortzahlung als gehalten und wird bezahlt oder gebucht, wenn diese planmäßig gehalten worden wäre.

Beim Urlaub ist es ähnlich. Im Urlaub wird das Tabellenentgelt sowie die in Monatsbeträgen festgelegten Bestandteile weitergezahlt, unter letzteres fallen die Vorgriffstunden nicht. Sie gehören eher zu den nicht in Monatsbeiträgen gezahlten Entgeltbestandteile, für die es eine Regelung gibt, die aber nicht zur Anwendung kommt, weil die Stunden hierfür im Dienstplan vorgesehen sein müssen. In den Ferien – die Zeit, in der Urlaub zu nehmen ist – gibt es allerdings keinen entsprechenden Dienstplan.

Die Vorgriffstunde wurde aufgrund eines Feiertages nicht gehalten, wie ist die Regelung in diesem Fall?

„Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.“ (§ 2 Entgeltfortzahlungsgesetz) Diese Regelung trifft nicht für beamtete Lehrkräfte zu. Es könnte sein, dass damit beamtete Lehrkräfte mangels einer gesetzlichen Regelung keinen Anspruch auf die Vorgriffstunde an Feiertagen haben.

Der Tarifvertrag TV-L legt für Überstunden Zuschläge fest. Werden diese hier auch ausgezahlt?

Zum einen sind Vorgriffstunden keine Überstunden, weil die geltende regelmäßige Arbeitszeit nicht überschritten wird, Lehrkräftearbeitszeit ist nicht nur Unterrichtsverpflichtung. Zum anderen gilt die entsprechende Regelung nicht für Lehrkräfte, für diese gelten die entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen.

Wann ist im Bezahlfall der Vorgriffstunden die Zahlung fällig?

Die Arbeitszeitverordnung regelt, dass die Vorgriffstunde im Bezahlfall monatlich durch Ausgleichszahlung ausgezahlt wird.

Für tarifbeschäftigte Lehrkräfte gilt, dass Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, am Zahltag des zweiten Kalendermonats, der auf die Entstehung des Anspruchs folgt, fällig sind. Damit sind die entstandenen Zahlungen, die die Vorgriffstunden im Monat April 2023 ausgleichen sollen, mit dem Zahltag Juli 2023 fällig.  

Für beamtete Lehrkräfte gilt, dass die Besoldung monatlich im Voraus zu zahlen ist. Es keinen definierten Zeitraum wie bei tarifbeschäftigten Lehrkräften, wann die Ausgleichszahlung fällig ist.

Welche Folgen hat eine nicht rechtzeitige Auszahlung der monatlichen Ausgleichszahlung?

Für tarifbeschäftigte Lehrkräfte gilt: Zahlt der Arbeitgeber nicht am Zahltag, befindet er sich ab dem Folgetag im Verzug. Für die Zeitspanne des Verzugs kann der Beschäftigte Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr beanspruchen.

Für beamtete Lehrkräfte gelten aufgrund des Prinzips der Alimentation keine Verzugsregelungen, es können auch keine Verzugszinsen entstehen.

Innerhalb welcher Fristen muss man seine bestehenden Forderungen gegenüber dem Land geltend machen?

Für tarifbeschäftigte Lehrkräfte gilt die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten, innerhalb der beide Seiten ihre bestehenden Forderungen der jeweils anderen Seite schriftlich mitteilen müssen (Geltendmachung). Wird die Frist überschritten, sind in der Regel die Forderungen (die vor der Sechs-Monats-Frist entstanden sind) verfallen.

Für beamtete Lehrkräfte gilt das Prinzip der haushaltsnahen Geltendmachung, was bedeutet, dass Forderungen im laufenden Haushaltsjahr dem Dienstherrn mitgeteilt werden müssen. Dies sollte in schriftlicher Form erfolgen.

Wie kann man einen Anspruch auf Bezahlung der Vorgriffstunde durchsetzen, wenn das Land nicht oder in falscher Höhe zahlt?

Bezügeforderungen verjähren nach drei Jahren ihres Entstehens am Ende des Kalenderjahres, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist gerichtlich geltend gemacht werden (Klage / Mahnverfahren).  Bei beamteten Lehrkräften ist ein Vorverfahren (Widerspuchsverfahren) Voraussetzung. Als GEW-Mitglied erhält man durch den gewerkschaftlichen Rechtsschutz Hilfe und Unterstützung, einschließlich bei den Klageverfahren bis – wenn nötig – zur „letzten Instanz“. Im Unterschied zu Berufsverbänden werden bei der GEW die Kosten komplett übernommen.

Muss man damit rechnen, dass sich das Land seinen Verpflichtungen zur Auszahlung oder Rückgabe der Stunden entzieht?

Dies kann man eindeutig verneinen. Das Land Sachsen-Anhalt ist immer seinen (nicht bestrittenen) Verpflichtungen nachgekommen. Auch die Erfahrungen aus den letzten Arbeitszeitkonten haben gezeigt, dass sich das Land seinen Verpflichtungen nachkommt, natürlich kann es im Einzelfall Probleme geben, die dann die Gerichte entscheiden.

Wie ist die Vorgriffstunde für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst geregelt?

Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst unterliegen nicht unmittelbar der Arbeitszeitverordnung Lehrkräfte, sondern haben aufgrund des Ausbildungsverhältnisses eigene Arbeitszeitregelungen. Bei ihnen entstehen weder Mehr- noch Minderzeiten, ebenso treffen die Regelungen zu den Zusatzstunden wie auch zu den Vorgriffstunden nicht zu.

Welche Regelungen gibt es für seiteneinsteigende Lehrkräfte?

Die entsprechenden Verordnungen sehen keine speziellen Regelungen vor. Auf dem Erlasswege wurde klargestellt, dass befristet eingestellte seiteneinsteigende Lehrkräfte nicht von der Vorgriffstunden betroffen sind. Sobald die unbefristet übernommen werden, gelten für sie auch die Regelungen der Vorgriffstunde. Gleiches gilt für die befristet eingestellten Vertretungslehrkräfte und ukrainischen Lehrkräfte. 

Zum Abschluss ist wieder der Hinweis wichtig, dass die Antworten den derzeit bekannten Sachstand wiedergeben und unsere derzeitigen rechtlichen Interpretationen enthalten. Aufgrund der teils sehr unklaren Regelungen ist es durchaus möglich, dass weitere rechtliche Prüfungen zu anderen Ergebnissen führen. Änderungen, neue Interpretationen und weitere neuere Formulare von Seiten des Landes Sachsen-Anhalt können ebenso nicht ausgeschlossen werden.

Aufgrund der Fülle der Fragen wird ein vierter Teil nötig sein. Hinweise, Kritiken und Fragen nehme ich gerne wieder unter torsten.richter@gew-lsa.de entgegen.

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