Die unendliche Geschichte: Abrechnung der Vorgriffstunde

Zur Vorgeschichte: Wir verweisen auf die Beiträge aus den Ausgaben der EuW im letzten Jahr, in denen wir bereits ausführlich zur Vorgriffstunde informiert haben. Inzwischen gibt es weitere Entwicklungen, die aber nicht geeignet erscheinen, das Thema problemfreier werden zu lassen.

Ich habe bereits im November 2023 mit GEW-Rechtsschutz Klage beim Arbeitsgericht Halle eingereicht, um die monatliche Zahlung zu „erzwingen“ und nebenbei entsprechende Verzugszinsen zu erhalten. Im obligatorischen Gütetermin ergab sich dann, dass von den ganzen Gründen, die vorab den Beschäftigten und dem Landtag dargeboten wurden, nur drei übrig blieben: Das Landesschulamt schaffe es zeitlich, personell und technisch nicht, die Ansprüche zeitnah zu prüfen und zur Auszahlung zu bringen. Das allerdings sind keine wirksamen Hinderungsgründe, um die Regeln der Arbeitszeitverordnung nicht einzuhalten. Es konnte natürlich kein Vergleich erzielt werden, so dass Anfang April im Kammertermin mit einem Urteil erster Instanz zu rechnen ist.

Inzwischen hat das Landesschulamt die Vorgriffstunden aus dem Schuljahr 2022/23 geprüft und auszahlen lassen. Aber auch hierbei sind erhebliche Probleme entstanden: Für den Bereich des Landesschulamtes Süd wurden vorhandene Minderzeiten gegen auszuzahlende Vorgriffstunden gegengerechnet. Der „Trick“ besteht darin, es „Aufrechnung“ zu nennen und zu hoffen, es klappt. Eine erste Prüfung allerdings zeigt: Es klappt nicht. Aufrechnung ist ein juristisch so genanntes „Gestaltungsrecht“ und folgt den Regelungen der §§ 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Schon die Voraussetzungen einer Aufrechnung sind nicht erkennbar: Während die Vorgriffstunde monatlich als Geldbetrag auszuzahlen ist, ist eine Minderstunde eine Unterrichtsstunde, die im gleichen oder folgenden Schuljahr nachzuarbeiten ist, sie wird nirgendwo und zu keinem Zeitpunkt als Geldbetrag berechnet und eingefordert, ebenso ist eine Fälligkeit nicht geregelt. Im Übrigen ist die Summe der Vorgriffstunden nur durch rechtswidriges Nichtauszahlen entstanden, bei rechtzeitiger Auszahlung wäre eine „Aufrechnung“ mit später entstandenen Minderzeiten gar nicht möglich gewesen.

Es gibt weitere Punkte, die dafür sprechen, dass auch diese Maßnahme des Landesschulamtes rechtlich nicht zulässig ist. Allerdings entsteht die Frage, ob es sich lohnt, dagegen vorzugehen. „Unterm Strich“ bekommt man weniger Stunden ausgezahlt und muss weniger nacharbeiten, die Stundensumme ist gleich. Natürlich kann man (oder die Schule) geplant haben, in diesem Schuljahr die aufgelaufenen Minderzeiten auszugleichen, dieser Plan geht dann nicht auf.

Es besteht die Möglichkeit, die Auszahlung der Stunden geltend zu machen und auf die Nacharbeitung der Minderzeiten in diesem Schuljahr zu verweisen. Das Landesschulamt hat allerdings eine gefestigte – nach unserer Auffassung nicht zutreffende – Rechtsauffassung, die dazu führt, dass der Anspruch verneint werden wird. Hiergegen kann man sich letztendlich nur mit einer Klage beim Arbeits- oder Verwaltungsgericht wehren. Die Aussichten sind kaum abschätzbar, eine solch verworrene Sachlage muss man erst einmal hinbekommen und dann noch einem Dritten erklären können.

Die Notwendigkeit der monatlichen Auszahlung wird vom Land gar nicht mehr bestritten, da besteht kaum noch Spannung, wie das Arbeitsgericht erstinstanzlich entscheiden wird. Monatlich bedeutet, dass die abzurechnende Vorgriffstunde mit dem Zahltag des zweiten Monats, der auf ihre Entstehung folgt, auszuzahlen ist. Beispiel: Die Bezahlung der Vorgriffstunden aus dem August 2023 war also mit dem Zahltag 30. Oktober 2023 fällig. Aber gezahlt wurde nichts und es ist zu befürchten, dass die monatliche Auszahlung auch in naher Zukunft nicht erfolgen wird.

Bezahlt sind bis jetzt die Ansprüche aus den Monaten April bis Juli 2023. Wer die monatliche Zahlung bisher nicht geltend gemacht hat, kann dies mit unserem Formular (gew-sachsenanhalt.net) noch tun. Ansonsten warten wir, wie sich das Arbeitsgericht in erster Instanz verhalten wird.

Übrigens: Die ganzen Probleme betreffen derzeit nur die jetzt auszuzahlenden Vorgriffstunden, welche Probleme beim Buchen auf die Arbeitszeitkonten entstanden sind und entstehen werden, ob hier auch noch eine Verrechnung mit Minderstunden erfolgt, wie die Abgeltungspläne aussehen werden und mit welchen Tricks und Scheinlösungen hier gearbeitet werden wird, weiß noch keiner. Für mich steht nur eines ziemlich fest: Die Landesregierung wird jetzt und auch in Zukunft ihr rechtswidriges Verhalten bezüglich der Vorgriffstunde versuchen einfach auszusitzen und auf Erledigung durch Zeitablauf hoffen. Dem werden wir uns entgegenstellen.

Abschließend wie immer der Hinweis, dass Fragen, Hinweise oder die Darstellung von Problemen  weiterhin an den Autor unter torsten.richter@gew-lsa.de gesendet werden können. Wir versuchen, die Fragen und Fakten zu bündeln und hier in der Landeszeitung darauf einzugehen oder diese einzeln zu beantworten.

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