Brisantes Gutachten: Lehrkräfte haben Anspruch auf Dienstrechner

Nun liegt es auf dem Tisch: Das Gutachten, das eindeutig aussagt, Lehrkräfte sind nicht für die Kosten der Digitalisierung der Schule zuständig. Oder anders: Lehrkräfte müssen ihre privaten Rechner nicht dienstlich nutzen.

Das Gutachten ist schon deshalb brisant, weil es nicht irgendwer erstellt hat, sondern im Auftrag des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtags Nordrhein-Westfalen entstanden ist. Es ist ein amtliches Dokument des Landtages. Es stützt unsere schon seit langem bestehende Rechtsauffassung vollinhaltlich, bezieht sich allerdings auf die aktuelle Rechtslage im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Nachfolgend soll die Rechtslage in Sachsen-Anhalt unter Berücksichtigung des Gutachtens aus Nordrhein-Westfalen dargestellt werden.

Auch in Sachsen-Anhalt ergeben sich die Zuständigkeiten für die öffentlichen Schulen aus der Aufteilung in so genannte innere und äußere Schulangelegenheiten. Die inneren Schulangelegenheiten betreffen Inhalte, Strukturen und die Angelegenheiten des pädagogischen Personals, während die äußeren Schulangelegenheiten u. a. die Schulanlagen und deren Einrichtungen umfasst. Für die inneren Schulangelegenheiten ist das Land zuständig, insbesondere für die Personalkosten (§ 69 Schulgesetz Sachsen-Anhalt, folgend SchulG). Für die äußeren Schulangelegenheiten ist der so genannte Schulträger zuständig, dies sind in der Regel die Gemeinden bei den Grundschulen und die Landkreise bei den restlichen Schulen (§ 65 SchulG). In besonderen Fällen kann auch das Land Schulträger sein.

Im Rahmen der Zuständigkeit des Schulträgers ist nun im Schulgesetz geregelt, dass dieser die Sachkosten zu tragen hat, und hierzu gehören ausdrücklich das Ausstatten der Schulanlagen mit der notwendigen Einrichtung und deren ordnungsgemäße Unterhaltung (§§ 64, 70 SchulG).

Erhebt sich die Frage, was zur „notwendigen Einrichtung“ gehört. Als notwendig wird unter anderem alles angesehen werden müssen, was zur Erledigung der Pflichtaufgaben der Schule erforderlich ist. Diese Pflichtaufgaben werden auch durch die geltenden Lehrpläne, deren Ergänzungen und Fortschreibungen definiert. Zur Umsetzung der Entwicklung von Medienkompetenzen hat das Bildungsministerium ein Konzept „Bildung in der digitalen Welt durch den Einsatz digitaler Medien und Werkzeuge an den Schulen des Landes Sachsen-Anhalt“ entwickelt, welches der KMK-Empfehlung zur „Medienbildung in der Schule“ folgt, die KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ umsetzt und Teil der Digitalen Agenda des Landes Sachsen-Anhalt ist. (aaO.) Zweifelsfrei dürfte die Umsetzung dieses Konzeptes zur Pflichtaufgabe der Schule gehören.

Der Schulträger steht damit in der Verpflichtung, die zur Umsetzung dieser Pflichtaufgaben notwendige Ausstattung der Schule zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst einerseits die für die Schülerinnen und Schüler notwendigen Lernmittel wie Computer, Internet-Zugang und Zubehör und deren Wartung, was von keiner Seite tatsächlich bestritten wird. Zur Unterstützung bei dieser Aufgabe können Schulträger Fördermittel beantragen (so genannte IKT-Richtlinie). Dies umfasst aber auch andererseits die notwendigen Lehrmittel für die Lehrkräfte, was bei Tafeln, Kreide, Beamern und fachspezifischen Einzelgeräten nicht, aber bei Computerarbeitsplätzen für Lehrkräfte bisher bestritten wird. Dabei wird übersehen, dass der Einsatz von Computern im Unterricht nicht das freiwillige Engagement der beteiligten Lehrkräfte widerspiegelt, sondern aufgrund der Regelungen der Lehrpläne, des obigen Konzeptes und der KMK-Beschlüsse verpflichtend ist. Damit ist ein computergestützter Arbeitsplatz der Lehrkraft zur Vorbereitung des Unterrichtes zwingend notwendig.  Es gibt keine Aussage aus dem Bildungsministerium, dass Lehrkräfte, die nicht über die nötigen Voraussetzungen in Form von Rechentechnik verfügen oder über solche verfügen können, die entsprechenden umfangreichen Punkte des Lehrplanes nicht berücksichtigen brauchen. Ein solcher Arbeitsplatz ist auch für das Nachbereiten des Unterrichtes, das Erfassen der Noten, das Schreiben von Gutachten und – wo gefordert – zum Schreiben und Drucken von Zeugnissen usw. erforderlich. 

In der Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass Lehrkräfte die benötigten Lehrmittel wie Bücher nicht auf eigene Kosten beschaffen müssen, dies lässt sich auf notwendige Rechentechnik zur Vor- und Nachbereitung sowie zur Durchführung des Unterrichtes ohne weiteres übertragen.

Ein computergestützter Arbeitsplatz der Lehrkraft gehört damit zur „notwendigen Einrichtung“ einer Schule, die ansonsten ihren Pflichtaufgaben nicht nachkommen kann. Es ist nun dem Schulträger überlassen, ob er solche Arbeitsplätze einrichtet oder, weil die Raumkapazitäten dies nicht gestatten, den Lehrkräften jeweils ein mobiles Gerät zur Verfügung stellt. Kommt er keiner der beiden Optionen nach, handelt er rechtswidrig. Dies ist das eindeutige Ergebnis des Gutachtens, was inhaltlich ebenso auf Sachsen-Anhalt übertragbar ist.

Viele weitere Punkte, wie die Frage nach der Nutzung von privaten Softwarelizenzen, der dienstlichen Datenverarbeitung, der dienstlichen elektronischen Kommunikation usw. sind reichlich ungeklärt und lasten im Streitfalle das gesamte Risiko der Lehrkraft auf, die ihre private Technik einsetzt. Sollte also zum Beispiel eine Lehrkraft ein Problem mit einer Firma bekommen, weil sie die vorhandene Softwarelizenz so nicht hätte nutzen dürfen (oder gar keine Lizenz hat), muss sie das privatrechtlich mit dieser Firma ausfechten. Das Land Sachsen-Anhalt als Dienstherr und Arbeitgeber wird keine Hilfen anbieten oder geben, sondern auf das im privaten Bereich angesiedelte Risiko verweisen.  

Unverschämter Weise kommt noch hinzu, dass die Lehrkraft beim Einsatz ihrer eigenen Technik für die Wartung, Reparaturen und zusätzlich für die Sicherheit der Daten selber zuständig ist und ihr Strafmaßnahmen angedroht werden, kommt sie z. B. den umfangreichen Forderungen des Datenschutzes auf ihrem eigenen Rechner nicht nach.

Fassen wir zusammen: Wenn das Land Sachsen-Anhalt die „Entwicklung von umfassender Medienkompetenz als Bestandteil und Ziel des schulischen Lernens“ (Medienkonzept des MB) als verbindlich vorschreibt, muss es auch die Voraussetzungen hierfür schaffen oder schaffen lassen. Es ist in jedem Falle unzulässig, die Lehrkräfte auf private Rechentechnik zu verweisen.

Abschließend muss nochmals daran erinnert werden, dass dieses Problem weder bei den Beschäftigten im Bildungsministerium, noch bei denen im Landesschulamt, im Landesschulamt oder im LISA besteht. Kein Mitarbeiter muss mit eigener Technik arbeiten, sich um Software, Updates, Virenschutz oder Firewall kümmern. Beschäftigte, die oft unterwegs sind, bekommen zusätzlich eine mobile Lösung in die Hand gedrückt. Das ist alles richtig und normal, es wird Zeit, dass diese Normalität auch an den Schulen einzieht.

In einem nächsten Artikel wird es darum gehen, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, um als Lehrkraft diesen unsäglichen Zustand nicht ewig weiterhin ertragen zu müssen.

Torsten Richter

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