Lehrkräfte müssen notwendige Arbeitsmittel nicht selbst finanzieren

Im Folgenden wollen wir uns mit einigen Mythen und Thesen zum Thema Eigenfinanzierung von Lehr- und Arbeitsmitteln durch Lehrkräfte beschäftigen.

Lehrkräfte haben ihre Schulbücher schon immer selbst durch Kauf oder Anforderung von Freiexemplaren bei den Verlagen besorgt.

Tatsächlich war es in der Vergangenheit möglich, sich Lehrbücher als Freiexemplare oder Werbebeschenk von den Schulbuchverlagen zusenden zu lassen. Inzwischen haben die Verlage diese Möglichkeit stark eingeschränkt. Dieser Weg, um an Schulbücher zu kommen, war in Ordnung. Darüber hinaus konnte man sich – auch früher – Lehrbücher als Lehrkraft in der Schule ausleihen, auch das geht kaum noch. Die kostenlosen Quellen sind damit faktisch versiegt.

Die Lehrkräfte sind dazu übergegangen, sich selbst die Lehrbücher zu besorgen und zu bezahlen. Dies machen sie freiwillig, denn weder bei beamteten noch bei angestellten Lehrkräften kann dies der Dienstherr oder der Arbeitgeber einfordern. Eine Verpflichtung, sich die Bücher kostenpflichtig zu besorgen gab es nie, und auch wenn es in den letzten Jahrzehnten gang und gäbe war, hierdurch ist auch kein „Gewohnheitsrecht“ entstanden, es war und ist rechtlich nicht zulässig, dies von Lehrkräften zu fordern oder zu erwarten. Die Bereitstellung erforderlicher Arbeitsmittel, also nicht nur Schulbücher, ist in keinem Fall Aufgabe der Lehrkräfte.

Lehrkräfte können alle Kosten wie Schulbücher, Computer usw. von der Steuer absetzen und bekommen so ihr Geld wieder.

Berufliche Aufwendungen können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden. Das bedeutet aber nur, dass man auf die hierfür aufgewendeten Finanzen keine Steuern bezahlen muss, der Anteil wird vom Gesamteinkommen vor Ermittlung der jährlichen Einkommenssteuer abgezogen und wird somit nicht versteuert.

Im Ergebnis bekommt man zwar einen kleinen Anteil der entstandenen Kosten zurück, nicht aber die tatsächlichen Gesamtkosten. Deshalb ist es auch nicht zulässig, mit dem Hinweis auf steuerliche Absetzungsmöglichkeiten von Lehrkräften zu verlangen, die notwendigen Arbeitsmittel selbst zu beschaffen.

Lehrkräfte müssen ihre Arbeitsmittel nun mal selber bezahlen, weil kein Geld an der Schule dafür da ist.

Das ist das schwächste Argument von allen. „Kein Geld da“ bedeutet nichts weiter, als das der Schulträger, der nach Schulgesetz sämtliche Sachkosten der öffentlichen Schulen zu tragen hat, offensichtlich dieser Verpflichtung nicht ausreichend nachkommt. Daraus kann nicht folgen, dass dann Dritte – zum Beispiel die Lehrkräfte – dafür verantwortlich gemacht und zum finanziellen Ausgleich verpflichtet werden, nur weil die finanzielle Ausstattung der Schule zu gering ist.

Lehrkräfte sollen ihre Arbeitsmittel selber bezahlen, weil sie ja ganz gut verdienen.

Dieses Argument ist sehr häufig zu hören und auch manche Lehrkräfte meinen, es sei so. Die Aussage ist aber rechtlich nicht haltbar. So führt z. B. das Verwaltungsgericht Halle aus: „Den Lehrer trifft selbst keine Verpflichtung, die für den Unterricht benötigten Lehrmittel aus eigenen Mitteln zu beschaffen. Dessen Besoldung stellt als Alimentation eine Unterhaltsleistung für den Beamten und seine Familienangehörigen dar und dient dem persönlichen Verbrauch, nicht der Beschaffung von Arbeitsmitteln Im Interesse des Dienstes und der Dienstausübung. Auch eine gewohnheitsrechtliche Verpflichtung eines Lehrers, die für den Unterricht benötigten Schulbücher aus eigenen Mitteln zu beschaffen, besteht nicht.“ (Urteil vom 08.11.2017 – 5 A 16/16 HAL,). Analog äußert sich das Bundesarbeitsgericht für angestellte Lehrkräfte: „Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ist es einem angestellten Lehrer grundsätzlich nicht zumutbar, die Kosten für die Beschaffung von Arbeitsmitteln, die zur sachgerechten Durchführung des Unterrichts zwingend erforderlich sind, selbst zu tragen.“ (9 AZR 455/11, Urteil vom 12.03.2013)

Wenn angestellte Arbeitskräfte Arbeitsmittel aus ihrer Vergütung bestreiten sollen, muss dies arbeitsvertraglich geregelt sein. Solche Vereinbarungen gibt es in Sachsen-Anhalt nicht.

Das Landesschulamt behauptet, der Schulträger ist zuständig und der Schulträger behauptet, das Landesschulamt sei zuständig. Da kommt man sowieso nicht dagegen an.

Das Verweisen auf den jeweils anderen passiert tatsächlich immer wieder. Aber auch hier liegen einschlägige Urteile vor, die für folgende klare Rechtslage sorgen: Der Schulträger ist zuständig für die sächlichen Kosten (§ 70 SchulG LSA), wobei er zwar ein Ermessen hat, wie gut oder schlecht er seine Schulen ausstattet, in jedem Fall aber eine für das Funktionieren des Schulbetriebes eine ausreichende Finanzierung vornehmen muss. Die Rechtsprechung geht weiterhin davon aus, dass erforderliche Schulbücher, die die Lehrkraft zur ordnungsmäßen Erteilung des Unterrichts benötigt, zum Sachaufwand des Schulbetriebes gehören, für den der Schulträger zuständig ist. Weiter sind Gerichte der Auffassung, dass der Dienstherr / Arbeitgeber sich nicht hinter der Weigerung des Schulträgers „verstecken“ darf, sondern aktiv die Lehrkraft unterstützen muss, sei es, durch Nutzung seiner schulaufsichtlichen Möglichkeiten oder durch  Übernahme der Kosten, die er seinerseits im Klageverfahren gegen den Schulträger eintreiben kann. Dies ist bereits mehrfach erfolgreich geschehen. Keinesfalls kann das Land die Lehrkraft darauf verweisen, selber gegen den Schulträger zu klagen, weil dies aufgrund des fehlenden Rechtsverhältnisses erfolglos ausgeht.   

Da nur die Kosten von Schulbüchern betroffen sind, lohnt sich der ganze Aufwand nicht.

Es betrifft keinesfalls nur die Kosten von Schulbüchern. So hat das Verwaltungsgericht Minden das Land NRW zur Kostenübernahme eines graphikfähigen Taschenrechners verurteilt, nachdem per Erlass des Schulministeriums die Nutzung solcher Geräte verbindlich festgelegt wurde. So kommt das Verwaltungsgericht Minden (Urteil vom 27.06.2017 – 4 K 5405/16) zu dem Schluss, dass „für den beamteten wie für den angestellten Lehrer im Ausgangspunkt gleichermaßen (gelte), dass er von seinem Dienstherrn die Überlassung der für die Erfüllung seiner Unterrichtsaufgaben benötigten Arbeitsmaterialen verlangen kann.“ Die Überlassungspflicht wird damit für alle Arbeitsmittel, die für die Erfüllung der geforderten Tätigkeit für erforderlich gehalten werden dürfen, bestehen.

Die Überlassungspflicht bedeutet aber auch, dass die Lehrkraft das Arbeitsmittel wieder zurückgeben muss, wenn es nicht mehr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben benötigt wird.

Das ist korrekt. Bekommt eine Lehrkraft ein Arbeitsmittel überlassen, wird es ihm nur „geliehen“. Auf ein Schulbuch bezogen bedeutet das z. B., dass eigene Notizen in diesem Schulbuch unzulässig sind. Bei den ausgegebenen digitalen Endgeräten besteht die Regel, dass diese an der Schule verbleiben sollen, wenn es zu einem Schulwechsel kommt. Man hat nur einen Anspruch auf Überlassung, nicht auf Übereignung (Eigentumswechsel).

Es ist viel zu kompliziert, die verauslagten Geldbeträge wieder einzutreiben.

Leider ist diese Aussage nicht ganz von der Hand zu weisen. Wenn Arbeitgeber / Dienstherr sich verweigern, kann man rechtlich eine Kostentragungspflicht bei Eigenbeschaffung nur über die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Geschäftsführung ohne Auftrag begründen.  Eine solche kommt nur in Betracht, „wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.“ (§ 679 BGB) und ist an enge Bedingungen geknüpft, deren Nichteinhaltung zum Scheitern des Ganzen führt. Aber: Die vorliegenden Urteile zeigen, dass es möglich und machbar ist, das Geld für notwendige Arbeitsmittel, die Lehrmittel sind, wieder einzutreiben.

Es ist völlig unklar, wie man vorgehen muss, um die Arbeitsmittel zu erhalten oder die Kosten für Arbeitsmittel ersetzt zu bekommen.

Es ist nicht unklar, die vorliegenden Urteile zeigen recht genau auf, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich vorgehen zu können. GEW-Mitglieder finden unter www.gew-sachsenanhalt.net/ eine Checkliste zum sicheren Vorgehen bei der Anforderung von erforderlichen Arbeitsmitteln, die im Fall einer nötigen Klage die Grundvoraussetzungen benennt, die für einen möglichen gerichtlichen Erfolg in jedem Fall vorab zu berücksichtigen sind.

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