Müssen Lehrkräfte Zeugnisausdrucke zuhause erstellen?

Uns wurde berichtet, dass Lehrkräfte verpflichtet wurden, Software zum Zeugnisdruck käuflich zu erwerben und diese auf ihren privaten Rechnern zum Ausdrucken der Zeugnisse zu nutzen. Damit erhebt sich die Frage, ob das rechtens ist.

Betrachten wir die Frage zunächst arbeitsrechtlich, wobei die Ausführungen für beamtete Lehrkräfte analog gelten. Lehrkräfte stehen in einem Arbeitsverhältnis zum Land Sachsen-Anhalt, sind als für dieses als Lehrkraft tätig. Nun gibt es zwar keine Arbeitsplatzbeschreibung für Lehrkräfte, aber es bestehen erhebliche Zweifel, ob das bloße Ausdrucken von Dokumenten zur Aufgabe einer Lehrkraft gehört. Angenommen, es gehöre dazu, dann hat der Arbeitgeber die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Lehrkraft diese dienstlich ausdrucken kann. Keinesfalls kann der Arbeitgeber erwarten, dass die Lehrkraft privat angeschaffte Computer und Drucker für dienstliche Aufgaben nutzt. Dies ist auch in keinem Bereich der Landesverwaltung so, nur bei Lehrkräften scheint es normal zu sein.

Fordert die Schulleitung die Lehrkraft auf, Zeugnisse auf privater Rechentechnik auszudrucken, bewegt sie sich nicht mehr im Rahmen des Direktionsrechts, weil die Nutzung privater Geräte nur dann im Rahmen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses liegt, wenn dies vereinbart oder durch besondere Vergütung abgegolten wird. Beides ist bei Lehrkräften in der Regel nicht der Fall. Hinzu kommt, dass die Schulleitung nach § 670 BGB für die erforderlichen Aufwendungen zum Ersatz verpflichtet ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie die Kosten von Tintenpatronen tragen muss. Der Einwand, man verbrauche ja nur wenig Tinte und die Patronen seien nach dem Zeugnisdruck noch halbvoll, trägt deshalb nicht, weil man die halbvollen Patronen, für die man ja keine Verwendung haben muss, der Schule zur Verfügung stellen kann. Dabei muss man sich auch nicht auf den Schulträger als Kostenträger verweisen lassen, weil § 670 BGB ausdrücklich den Auftraggeber benennt, und das ist die Schulleitung und damit das Land Sachsen-Anhalt.

Zwischenergebnis: Die Lehrkraft muss keine Zeugnisse auf privater Rechentechnik erstellen, wird dies trotzdem erledigt, sind der Lehrkraft die Aufwendungen zum Zwecke der Ausführung des Auftrags, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, durch den Auftraggeber zu ersetzen (§ 670 BGB).  

Betrachten wir die Frage nun unter datenschutzrechtlichen Aspekten. § 84a Schulgesetz regelt im Absatz 7, dass in der Schule erhobene Daten grundsätzlich nur in der Schule verarbeitet werden dürfen. Ausnahmen kann die Schulleiterin oder der Schulleiter gestatten. Hierzu gibt es einen Erlass „Verarbeitung personenbezogener Daten auf privaten Rechnern von Lehrkräften“ vom 15.03.1995. Im Punkt 1 wird festgestellt, dass der Einsatz privater Rechner zur Erledigung dienstlicher Aufgaben nur der Ausnahmefall sein kann, der bei Lehrkräften als gegeben erscheint. Der letzte Satz lautet: „Eine dienstliche Notwendigkeit, für diese Aufgaben einen Rechner einzusetzen, besteht jedoch nicht.“ Damit geht das Land Sachsen-Anhalt übrigens selbst davon aus, dass es den Einsatz privater Rechentechnik für dienstliche Aufgaben nicht verlangt.

Ab Nr. 2 des Erlasses wird es richtig interessant: Die Lehrkraft benötigt zur Verarbeitung der Schülerdaten eine Genehmigung der Schulleiterin oder des Schulleiters. In dieser ist in Stichworten der „Rechner, die Software und die Datensicherungsmaßnahmen“ zu vermerken.  Dem Landesdatenschutzbeauftragten ist mitzuteilen, welche Schülerdaten auf welchen privaten Lehrkräfterechnern verarbeitet werden. Nr. 4 des Erlasses fordert, dass „durch geeignete organisatorische oder technische Maßnahmen (z. B. Aufbewahrung des Rechners in einem abschließbaren Raum oder Schrank, Sicherung des Rechners durch Schlüsselschalter oder Steckkarte, Einsatz von Sicherungssoftware, Verschlüsselung der Daten)“ die Daten zu schützen sind. Solange die Daten und Programme nicht verschlüsselt sind, „darf der Rechner nicht an Einrichtungen zur elektronischen Datenübermittlung (z. B. Datenfernübertragung, Btx, Mailbox) angeschlossen sein“.

Nun könnte man darüber lachen, aber letzten Endes hat man sich zur Erlangung der Genehmigung unter anderem zu verpflichten, die „Datenschutz- und Datensicherungsmaßnahmen gemäß Nr. 4 … einzuhalten“ und muss folgendes unterschreiben: „Mir ist bekannt, daß ich mit einer datenschutzrechtlichen Überprüfung durch den Landesbeauftragten oder die Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt rechnen muß. Mir ist auch bewußt, daß Verstöße gegen diese Bestimmungen eine Dienstpflichtverletzung darstellen, die disziplinarisch verfolgt werden muß.“

Und davor können wir nur warnen. Wenn nur unter diesen Bedingungen Schülerdaten auf privaten Rechnern verarbeitet werden dürfen, sollte man darauf verzichten. Niemand verschlüsselt Daten und Programme, ehe er „ins Internet geht“ oder kappt die Verbindung, wenn er Zeugnisse druckt. Unzumutbar, dass man damit rechnen muss, dass der Landesdatenschutzbeauftragte den eigenen Rechner prüft und im Falle einer nicht sauberen datenschutzrechtlichen Verarbeitung disziplinarische Maßnahmen drohen.

Fazit: Die Lehrkraft kann nicht verpflichtet werden, Zeugnisse auf ihrem privaten Rechner auszudrucken, passiert es doch, sind die für erforderlich gehaltenen Auslagen zu ersetzen. Die Lehrkraft darf keine Zeugnisse auf ihrem privaten Rechner ausdrucken, wenn sie keine entsprechende datenschutzrechtliche Genehmigung hat, solche Daten zu verarbeiten. Es besteht keine Verpflichtung, eine solche Genehmigung zu beantragen oder einzuholen.  

Wie sollte man sich nun verhalten, wenn trotzdem die Forderung nach Zeugnisdruck auf dem privaten Computer erhoben wird? Für diesen Fall empfehlen wir, der Schulleitung eine Erklärung abzufordern, in der sie sich verpflichtet, im Rahmen von § 670  BGB die erforderlich gehaltenen Auslagen zu ersetzen und gleichzeitig zusichert, dass es keine Dienstpflichtverletzung darstellt, wenn die Voraussetzungen des Erlasses zur „Verarbeitung personenbezogener Daten auf privaten Rechnern von Lehrkräften“ nicht eingehalten werden.

Torsten Richter    

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